Weiterer Stellenabbau bei LantalBeim Traditionsunternehmen spitzt sich die Lage zu
Die Krise bei der Textilherstellerin Lantal hält an. Vor allem wegen des eingebrochenen Flugverkehrs drohen erneut bis zu 55 Kündigungen.

Es ist ein trauriges Szenario, das sich bei der Lantal Textiles AG wiederholt: Bis zu 55 Mitarbeitenden droht die Kündigung. Das vermeldet die Oberaargauer Textilherstellerin am Donnerstagnachmittag, 5. August, in einem umfassenden Communiqué. Ein Konsultationsverfahren sei eingeleitet worden, um zusammen mit der Personalkommission und den Angestellten möglichst sozialverträgliche Lösungen zu finden.
Die Mitteilung kommt fast auf den Tag genau ein Jahr nach der ersten Hiobsbotschaft: Im August 2020 gab das Unternehmen bekannt, wegen Umsatzeinbrüchen an den Standorten in Melchnau und Langenthal bis zu 75 Stellen zu streichen. Nach der Konsultationsphase Ende August war klar, dass sich Lantal von 55 Mitarbeitenden trennt.
Die Luftfahrt
In der aktuellen Mitteilung wird Geschäftsleiter Urs Rickenbacher zitiert: «Die anhaltende Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf den Luftverkehr bedeutet für unser Unternehmen die grösste Krise der Firmengeschichte.» Zu Beginn der Pandemie sei der Umsatz um bis zu 85 Prozent eingebrochen. Lantal stellt primär Sitzbezüge, Teppiche und Vorhänge für Flugzeuge her.
Die Luftfahrt sei weltweit immer noch «sehr stark» von der Corona-Pandemie betroffen. Nach Einschätzung von Expertinnen und Experten der Aviatikbranche werde sich der Markt nicht wie zunächst prognostiziert 2023/2024, sondern erst im Jahr 2024 oder sogar 2025 an das Vor-Corona-Niveau annähern. Zudem sei mit einer Veränderung im Reiseverhalten zu rechnen.
«Es zeichnet sich eine strukturelle Veränderung des Marktes ab, der sich Lantal anpassen muss.»
Besonders bei den Geschäftsreisen müsse davon ausgegangen werden, dass auch nach einer Erholung nur noch ungefähr 85 bis 90 Prozent des früheren Niveaus erreicht würden. Unternehmen dürften auch künftig anstelle von Geschäftsreisen von digitalen Lösungen profitieren. Das Unternehmen schreibt klipp und klar: «Es zeichnet sich eine strukturelle Veränderung des Marktes ab, der sich Lantal anpassen muss.»
Zwar zeige der Kurzstreckenbereich in Europa in den aktuellen Sommermonaten eine gewisse Erholung, doch das für Lantal wichtige Segment der Langstreckenflüge sei nahezu inexistent.
Der Bodenverkehr
Im Gegensatz dazu zeige sich der internationale Bodenverkehr mit Bus, Bahn und Tram «erfreulicherweise als weit resistenter und stabiler». Lantal geht davon aus, dass dies auch mittel- und langfristig der Fall sein wird. Das Textilunternehmen will deshalb diesen Bereich weltweit ausbauen.
Die weiteren Bereiche hätten sich leicht erholt. So die Abteilung Einrichtung/Dekoration, die bei Lantal Portugal bearbeitet wird, und der Militärbereich der Tochtergesellschaft in den USA. «Diese Märkte können jedoch den Umsatzeinbruch im Luftverkehr nicht kompensieren», hält das Unternehmen fest. Weltweit sind derzeit rund 570 Mitarbeitende bei Lantal beschäftigt.
Die Kurzarbeit
Das Instrument der Kurzarbeit sei in dieser Zeit von grosser Bedeutung, schreibt die Lantal Textiles AG. Es habe dem Unternehmen ermöglicht, trotz der massiven Umsatzeinbussen viele Arbeitsstellen und qualifiziertes Personal zu halten. Auf die Kurzarbeit aufgrund von Corona könne man allerdings nur noch bis im Februar 2022 zurückgreifen. Dieser Zeitraum werde nicht ausreichen, um die Krise zu bewältigen.
«Bis sich die Luftfahrt von diesem massiven Schock erholt hat, müssen wir den Fortbestand des Unternehmens sicherstellen. Deshalb ist leider eine weitere Restrukturierung unumgänglich», bedauert Urs Rickenbacher den Entscheid in der Mitteilung.
Bis im August 2020 waren es noch über 250 Angestellte im Oberaargau.
Aktuell beschäftigt das Textilunternehmen am Hauptsitz in Langenthal und Melchnau 185 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit wenigen Ausnahmen sind diese gemäss Communiqué im Aviatik-Geschäft tätig. Bis im August 2020 waren es noch über 250 Angestellte im Oberaargau.
Nun folgt bereits der nächste herbe Schlag für das 1886 gegründete Traditionsunternehmen.
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