Mit 23 JahrenBerner Nachwuchspilot Marcel Brenner gibt auf
Seit 2015 hat Motorradrennfahrer Marcel Brenner versucht, in die Klasse von Tom Lüthi zu kommen. Nun ist sein Traum geplatzt – auch wegen Corona.

Marcel Brenner sagt es ohne Umschweife: «Mein Traum ist geplatzt.» Seit 2015 fährt er in der Moto2-Europameisterschaft. Immer wieder hat er auf einen Aufstieg in die WM-Klasse gehofft. Dort, wo auch Tom Lüthi fährt, phasenweise mit Dominique Aegerter ein zweiter Berner unterwegs ist. Aber jetzt zieht Brenner einen Schlussstrich unter die WM-Pläne.
Denn es fehlt das Geld. Dieses Wochenende stünde in Valencia das letzte Rennen der Moto2-EM auf dem Programm. Doch der vor einem Jahr von Ostermundigen nach Schüpfen umgezogene Berner reist gar nicht erst nach Spanien. «Wir können die hohen Forderungen des Teams nicht erfüllen», erzählt Brenner. Im Klartext: Sein spanisches Team Promo Racing verlangt vom Schweizer zusätzliches Geld, damit es ihn starten lässt. Brenner bezeichnet die Forderungen unverblümt als Frechheit. «So etwas habe ich noch nie erlebt.» Die genaue Summe verrät er nicht, sagt aber bloss: «Wenn ich für 10’000 Franken hätte starten können, wäre ich gefahren.»
Corona erschwert Geldsuche
Verzweifelt haben der 23-Jährige und sein Vater Bruno Brenner nach weiteren Sponsoren gesucht. «In Zeiten von Corona fast unmöglich», sagt Brenner. Denn die Pandemie bremst nicht bloss die Fahrer, sondern ganze Teams. So sind auch seiner spanischen Equipe Sponsoreneinnahmen weggebrochen. Obwohl er dem Team schon Geld für die Saison überwiesen hatte, wurden ihm bereits Ende September zu hohe Forderungen gestellt. So hatte er schon die Rennen in Aragon nicht bestreiten können. Gefahren ist Brenner dieses Jahr letztlich bloss in Jerez. Dort hatte im ersten Rennen Platz 9 resultiert, bevor er im zweiten Rennen stürzte.

2020 war nicht nur wegen Corona eine schwierige Saison. Brenner hatte sich bei einem Trainingssturz zum zweiten Mal den Kahnbeinknochen gebrochen. Die Verletzung an der Handwurzel führte dazu, dass er im Frühjahr die vier Starts in Portugal verpasste. Danach folgte der Lockdown – und jetzt das Ende. Dabei gilt Brenner in der Szene hinter Lüthi, Aegerter, Jesko Raffin und Randy Krummenacher als einer der besten Schweizer Rennfahrer. Alle erleben keine leichte Saison. «Und wenn bereits Dominique Aegerter Mühe hat, das Budget zu stemmen, wie soll dann ich das Geld zusammenkriegen?», fragt Brenner. Wer in der Moto2-EM einen Platz in einem Spitzenteam will, benötigt rund eine Viertelmillion Franken, in der WM-Klasse mindestens das Doppelte.
Dass es mit dem Aufstieg in die WM nicht geklappt hat, lag nicht nur am fehlenden Geld. Brenner wurde auch von Krankheiten und Verletzungen gebremst, oder dann stimmte es mit dem Team nicht mehr. «Ich hatte auch Pech», sagt er und verweist darauf, dass in der Motorsportszene Spanier oder Italiener bevorzugt werden. «Schweizer werden dagegen vor allem als Geldgeber betrachtet.»
Endurance oder Supersport?
Wie die Zukunft aussehen wird, weiss Brenner nicht. Kurzfristige Angebote, am Wochenende in Valencia für andere, schlechtere Teams zu fahren, hat er ausgeschlagen. «2021 fahre ich sicher nicht mehr in der Moto2-EM. Wir führen derzeit verschiedene Verhandlungen.» Eine Offerte aus der Supersport-WM liegt vor. Eine andere Option wäre ein Wechsel in den Endurance-Weltcup. «Diese Meisterschaft tönt interessant, die Langstreckenrennen wären mal etwas anderes», sagt Brenner dazu nur und betont, dass auch dafür Geldsuche und Verhandlungen nicht abgeschlossen seien. Klar ist: Er wird künftig nicht mehr als Profi unterwegs sein. 16 Jahre nach dem Einstieg in die Motorsportszene muss er sich neu orientieren. Schon jetzt hat er temporär im Betrieb des Vaters gearbeitet. Vielleicht nimmt er bald eine Lehre in Angriff oder absolviert die Spitzensport-RS in Magglingen.
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