Ausrangiertes Schaukelpferd auf Reisen
Die Schülerinnen und Schüler der Musikschule Köniz präsentieren im Rahmen des Kinderbuchfestivals KiBuK die Oper «Reise nach Tripiti». Ein Probenbesuch.
Die Kostümbildnerinnen zupfen an Jill Ralls Frisur herum, die grosse Schleife, die das Haar zieren soll, will einfach nicht sitzen. Jill spielt die verloren gegangene Trophäe einer Schiessbude. Sie ist perfekt in dieser Rolle, trippelt in den glänzenden Lackschuhen und dem Tüllröckchen auf die Bühne in der Könizer Pfrundschüür und erntet Applaus von ihren Freundinnen, die das Schleifen-Drama beobachtet haben und nun feststellen, dass alles perfekt sitzt. Spielzeug vom Müllhaufen Auch Anne Camille Stalder, die ein kufenloses Schaukelpferd darstellt, ist bereit. Ihr Kostüm ist ziemlich sperrig, ist sie doch in ein Holzpferdchen eingespannt und kann nicht so ungezwungen herumspringen wie die «unvollständigen Puzzleteile», die von den Kleinsten der Truppe dargestellt werden. Bald wird klar, was hier gespielt wird: Die neunzehn Teilnehmenden zwischen sechs und vierzehn Jahren stellen altes Spielzeug dar, das niemand mehr haben will. Die Geschichte basiert auf H.U. Stegers Bilderbuch «Reise nach Tripiti». Dort wird ein einarmiger Teddybär auf den Müll geworfen, trifft das Schaukelpferd Flora und macht sich gemeinsam mit ihm auf eine Reise, um bei einem anderen Kind Nestwärme zu finden. Die beiden stossen laufend auf weiteres kaputtes Spielzeug. In Tripiti treffen alle Spielsachen schliesslich auf Kinder, die sie liebevoll aufnehmen. Hackbrett und Tamburello Die rührende Geschichte, die auf subtile Art und Weise Konsumkritik übt, kennen die Macher der Kinderoper noch aus ihrer eigenen Kindheit. Regisseur Sebastian Dietschi hat die Figuren ausgebaut und zum Teil der heutigen Zeit angepasst. Da gibt es Heinz, den zersplitterten Bauklotz, oder die traurige Hello-Kitty, die einem Kind gehörte, das verstorben ist. Diesen Figuren hat Dietschi Liedtexte auf den Leib geschrieben, basierend auf Volksliedern, mal aus dem Appenzell, mal aus Irland oder Rumänien. Passend dazu wurden die Instrumente gewählt, sei es ein Hackbrett, ein Tamburello oder ein Schwyzerörgeli. Ob Regie, Kostümbildner oder die musikalische Leitung (Sabine und Lorenz Hasler, Thomas Mattmüller) – bei allen Kulturschaffenden handelt es sich um Profis. Diese verlangen von den Kindern einiges, ermöglichen ihnen aber auch ein echtes Bühnenerlebnis. Lustvoll unterwegs Chorleiter Thomas Mattmüller ruft zum Einsingen. Wie Fische müssen die kleinen Sänger die Backen aufblasen, sich auf die Hüften und Beine trommeln oder deutlich Wörter wie Trommel, Trottel oder Trüffel aussprechen. Niemand lacht darüber, solche Übungen sind längst Routine. Endlich kann es losgehen, die erste Szene kann gespielt werden. Moritz Stalder lässt sich rollend auf die Bühne fallen. Er spielt Theodor, den einarmigen Teddybären, der auf die Müllhalde geschmissen wird. Regisseur Dietschi feixt und unterbricht, bis ihm die Szene glaubwürdig erscheint. Bis nach Tripiti ist es noch ein weiter Weg, doch zum Glück macht bereits die Reise dorthin jede Menge Spass. Helen LaggerUraufführung: Freitag, 4.September, 15 Uhr, Pfrundschüür beim Schloss Köniz. Weitere Vorstellungen bis 13.9.>
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