Berber aus den Bergen rücken offenbar nach Tripolis vor
In einer Audiobotschaft beteuerte Ghadhafi gestern seinen Willen zum Kampf. Kurz danach flog die Nato zahlreiche Luftangriffe. Aufständische Berber aus dem Süden sollen angeblich kurz vor Tripolis stehen.
Die Nato hat ihre Angriffe auf die libysche Hauptstadt Tripolis nach Medienberichten auch in der Nacht auf heute fortgesetzt. Wie der arabische Nachrichtensender al- Jazeera am frühen Morgen berichtete, waren wieder schwere Explosionen zu hören.
Ziel der Attacken sei offenbar erneut der Stützpunkt Bab al-Asisija gewesen, auf dem auch das Anwesen von Machthaber Muammar al-Ghadhafi liegt.
Die Nato hatte das Gelände bereits am Dienstag massiv bombardiert. Augenzeugen berichteten von mindestens 25 Luftangriffen. Die libysche Regierung sprach von 60 Angriffen und 31 Toten.
Fünfminütige Audiobotschaft
Am Abend hatte sich Ghadhafi mit einer Audiobotschaft zu Wort gemeldet. «Ich bleibe in Tripolis, tot oder lebendig», sagte er in der knapp fünfminütigen Ansprache, die das libysche Staatsfernsehen ausstrahlte. «Eine Viertelmillion Libyer kämpfen für die Freiheit des Landes», sagte er weiter. «Wir haben keine Angst, und wir sind stärker als eure Raketen und eure Artillerie.»
Bereits nach dem Bombardement am Dienstag war auf dem Stützpunkt Bab al-Asisija Feuer ausgebrochen. Augenzeugen berichteten von einer riesigen schwarzen Rauchwolke, die über dem Gelände aufgestiegen sei. Ausserdem seien in Tripolis der Sitz der Revolutionskomitees, ein palastartiges Gebäude und eine Wacheinheit angegriffen worden.
Unterdessen rücken die Aufständischen auf Tripolis vor – allerdings nicht im Osten, vom eingeschlossenen Misrata oder der Rebellenhochburg Benghazi her, sondern von Süden, aus den Bergen, wo vor allem Berber leben. Laut einem Reporter des TV-Senders al-Jazeera, der den Vormarsch beobachtete, wurde der rund 100 Kilometer von Tripolis entfernt gelegene Bergort Jafran von Regierungsgegnern eingenommen.
Wochenlang hatten sich Anhänger und Gegner von Ghadhafi bekämpft, die Rebellen im oberen Teil der Stadt, die Regierungstruppen im unteren. Nun soll in Jafran die Rebellenflagge wehen, die Aufständischen stünden vor Tripolis, heisst es. Der «Revolutionsführer» misstraut den traditionell autonomiefreudigen Berberstämmen, er verbot die Lehre ihrer Sprache, sogar ihre Namen. Ethnische Vielfalt untergrub seine Vorstellung von einem geeinten libyschen Volk. Laut Wikileaks-Depeschen soll er einen Berberanführer gewarnt haben: «Zu Hause könnt ihr euch nennen, wie ihr wollt, Berber, Kinder des Satans, egal wie. Aber wenn ihr nach draussen geht, seid ihr alle Libyer.»
Diplomatische Anstrengungen
Unabhängig vom Nato-Militäreinsatz kommen nach Angaben des französischen Aussenministers Alain Juppé die diplomatischen Bemühungen um eine Lösung der Libyen-Krise voran.
Seine Regierung arbeite auf eine «echte Waffenruhe» mit einem Rückzug von Ghadhafis Truppen und einer UNO-Überwachung hin, sagte er am Dienstag bei den Vereinten Nationen in New York. Der UNO- Sonderbeauftragte für Libyen, Jordaniens früherer Aussenminister Abdul Ilah Khatib, werde diese Woche von seinen Vermittlungsgesprächen berichten, sagte Juppé.
Khatib war am Wochenende nach Tripolis geflogen und soll am Donnerstag am Treffen der Kontaktgruppe für den Libyenkonflikt in Abu Dhabi teilnehmen. Dort will Frankreich nach Worten Juppés Vorschläge für eine Waffenruhe und für Ghadhafis Rückzug von allen politischen und militärischen Aufgaben vorlegen.
EU verschärft Sanktionen
Unterdessen verschärft die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Libyen. Sechs unter Kontrolle des Ghadhafi-Regimes stehende Häfen, darunter Tripolis, Ras Lanuf und Brega, werden für Lieferungen aus der EU und in die Europäische Union gesperrt. Das habe der Rat der EU am Dienstag im schriftlichen Verfahren vereinbart, teilte das Auswärtige Amt am Abend in Berlin mit.
Damit würden «die Versorgungswege für den Unterdrückungsapparat des Diktators noch weiter eingeschränkt», erklärte der deutsche Aussenminister Guido Westerwelle. Ausgenommen sind lediglich Lieferungen im Rahmen humanitärer Hilfe.
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