Eine redegewandte Frau bietet Separatisten die Stirn
Die Wirren in Katalonien haben einen neuen Politstar hervorgebracht: Inés Arrimadas von der prospanischen Partei Ciudadanos könnte zur wahren Siegerin der Wahl am Donnerstag avancieren.

Auch im Fall, dass es am Donnerstag, in der katalanischen Schicksalswahl, nicht reichen sollte, hat Inés Arrimadas schon jetzt ein kleines Wunder erreicht: Die 36-Jährige mit dem schulterlangen braunen Haar ist in den letzten Wochen zum Shootingstar von Kataloniens Politik aufgestiegen. Sie ist die Einzige, der mit ihrer prospanischen Partei Ciudadanos (Bürger) Chancen eingeräumt werden, die bisherige Vorherrschaft der katalanischen Separatisten zu brechen.
Die Umfragen der vier grössten spanischen Tageszeitungen, darunter das katalanische Presseflaggschiff «La Vanguardia», sehen sie als potenzielle Wahlsiegerin. Noch vor der einflussreichen Unabhängigkeitsliste Esquerra Republicana (Republikanische Linke), die in der Wählergunst auf Platz zwei eingeordnet wird. Sollte sich dies bestätigen, wäre es eine Sensation in der spanischen Konfliktregion Katalonien, wo die Befürworter einer Abspaltung von Spanien bisher das öffentliche Leben dominierten.
«Es reicht jetzt»
«Das ist eine historische Gelegenheit, die Unabhängigkeitsbewegung zu besiegen», ruft Arrimadas, die nicht in Katalonien, sondern im südspanischen Andalusien geboren wurde. Es werde Zeit, dass sich die «schweigende Mehrheit» erhebe und den katalanischen Nationalisten, welche vor zwei Monaten eine einseitige Unabhängigkeitserklärung verabschiedet hatten, die Rote Karte zeigten. «Es reicht jetzt», sagt Arrimadas.
Die «schweigende Mehrheit», damit sind all jene Katalanen in Barcelona und in anderen katalanischen Orten gemeint, die in den letzten Monaten begonnen haben, spanische Fahnen an ihre Fenster und Balkone zu hängen. Diejenigen Katalanen, die sich nach Jahren des Stillhaltens dazu durchrangen, endlich auch auf die Strasse zu gehen, um gegen die Abspaltung und für die Einheit Spaniens zu demonstrieren. Katalonien erlebte in den letzten Wochen die grössten prospanischen Kundgebungen der Geschichte.
TV-Duell klar gewonnen
Zwischen 23 und 25 Prozent der Wählerstimmen werden Arrimadas zugetraut. Damit würde sie knapp vor der grössten Separatistenpartei Esquerra landen, deren Wahlkampf übrigens ebenfalls von einer Frau, Marta Rovira, angeführt wird. Ein TV-Duell zwischen den beiden Frontfrauen gewann Inés Arrimadas um Längen. Wohl auch wegen ihrer Redegewandtheit gelang es Arrimadas im Wahlkampfendspurt, ihre Konkurrentin Rovira, die Anfang Dezember noch vorn lag, zu überflügeln.
Arrimadas oder Rovira. Eine von beiden könnte Kataloniens neue Ministerpräsidentin werden. Aber beide müssen um Unterstützung weiterer Parteien werben. Arrimadas wird dies im prospanischen Parteienlager tun, zu dem neben ihrer liberalen Ciudadanos-Liste noch die Sozialisten und die konservative Volkspartei gehören.
Separatisten zerstritten
Rovira wird, wenn sie an die Macht kommen will, die ebenfalls aus drei Parteien bestehende Unabhängigkeitsbewegung zusammenkitten müssen. Ein gemeinsames Wahlbündnis der Separatisten, zu denen Esquerra, die Liste Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien) und die linksradikale Candidatura d’Unitat Popular (Kandidatur der Volkseinheit) gehören, war am Streit über den Kurs gescheitert.
Inés Arrimadas, Kataloniens neuer Politikstern, scheint hingegen eine wahre Überredungskünstlerin zu sein – auch im Privatleben: Vor anderthalb Jahren heiratete die prospanische Politikerin Xavier Cima, der zum Unabhängigkeitslager gehörte und sogar für die katalanischen Nationalisten im Regionalparlament sass. Mittlerweile hat er jedoch seine Politikerkarriere auf- gegeben.
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