Die Troika und ihr störrischer Patient
Die Kontrolleure von EU und IWF weilen wieder in Athen. Obwohl die neue griechische Regierung als europafreundlich und sparwillig gilt, muss sich die Troika auf knallharte Verhandlungen einstellen.

So richtig hat niemand damit gerechnet, dass Griechenlands internationale Geldgeber es leicht haben werden mit der neuen Regierung in Athen – obwohl sie zu den Befürwortern des Sparkurses gezählt wird. Jetzt sind Vertreter der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds wieder in Hellas. Und treffen auf eine knallharte Gegenseite.
Knapp drei Wochen nach der Parlamentswahl geht Griechenlands Drei-Parteien-Regierung unter dem konservativen Ministerpräsidenten Antonis Samaras mit drei klaren «OXI» («Nein») in die jüngsten Verhandlungen.
Die Regierung verfolgt eine «rote Linie»
Am Donnerstag kam es zu einem ersten Treffen zwischen Samaras und den Troika-Chefkontrolleuren in Athen. Die konservative Neue Demokratie, die Pasok-Sozialisten und die Demokratische Linke (Dimar), die die Regierung Samaras bilden, verständigten sich Medienberichten zufolge auf drei «rote Linien»: Keine weiteren Kürzungen bei Löhnen, Gehältern und Renten, keine weiteren Abgaben- und Steuererhöhungen, keine Entlassungen von Beamten.
Im Gegenzug strebe die Regierung Samaras strukturelle Reformen an, heisst es in Athen. Dazu zählten die Verkleinerung des Staates über die Abschaffung und Zusammenlegung einer Vielzahl von öffentlichen Trägern sowie die drastische Reduzierung der Zahl von Neueinstellungen, die Privatisierung von Staatsbesitz sowie die Öffnung aller geschlossenen Berufe.
Milliardenloch im aktuellen Haushalt
Die Troika weist ihrerseits auf die desolate Lage des Landes hin. Die Ziele für den laufenden Haushalt 2012 seien bereits aus dem Ruder gelaufen, unterstrichen am Donnerstag die Kontrolleure dem Athener Radiosender «Real FM» zufolge. Bei ersten Buchprüfungen sei ein Loch von rund zwei Milliarden Euro festgestellt worden.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Griechenland befindet sich im fünften Rezessionsjahr in Folge. Jüngsten Schätzungen des renommierten Wirtschaftsforschungszentrums KEPE zufolge wird die griechische Wirtschaftsleistung im laufenden dritten Quartal um fast zehn Prozent im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum einbrechen. Die Folge: Trotz massiver Steuererhöhungen fliesst weniger Geld in die Kassen des Fiskus.
Kaufkraft wie zuletzt in den 70ern
Seit dem Frühjahr 2010 sind ferner die Gehälter, Löhne und Renten in Griechenland um bis zu 50 Prozent gekürzt worden. «Die Kaufkraft der Griechen ist auf das Niveau von Ende der 70er Jahre geschrumpft», sagt Savvas Robolis vom Institut für Arbeitsfragen (INE) der Dachgewerkschaft für Privatangestellte GSEE.
Obendrein wehren sich die Griechen energisch dagegen, der von der Troika schon seit vorigem Jahr geforderten Entlassung von Beamten Folge zu leisten. In diesem Jahr sollen laut Troika 15'000 Beamte und bis 2015 insgesamt 150'000 Beamte entlassen werden. Das Gegenargument Athens: Die Entlassung von Beamten habe keinen signifikanten Effekt auf die Konsolidierung der Staatsfinanzen, ferner wolle man nicht weiter das Heer der Arbeitslosen vergrössern.
Merkel mit Totenkopfgesicht
Derweil hat die Athener Wochenzeitschrift «Epikaira» den Hauptschuldigen für die griechische Misere ausgemacht. «Memorandum Nummer drei und Ausstieg aus dem Euro - das schmutzige Spiel der Deutschen», titelte das in Hellas auflagenstärkste politische Magazin am Donnerstag. Auf dem Cover ist das Gesicht der Bundeskanzlerin Angela Merkel zu sehen. Die linke Gesichtshälfte ist als Totenschädel in den deutschen Nationalfarben und einer Euro-Münze im Auge abgebildet.
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