«Aber er hatte gute Absichten»
Der Fall hatte weltweit für Aufsehen gesorgt: Der US-Soldat Bradley Manning reichte mehr als 700'000 Geheimdokumente der Armee an Wikileaks weiter. Nun steht der 25-Jährige vor dem Militärgericht.
Die Verteidigung bezeichnet den US-Soldaten Manning als jung und naiv, die Anklage als Landesverräter, der dem Feind wissentlich in die Hände spielte. Drei Jahre nach seiner Festnahme hat der Prozess gegen den Wikileaks-Informanten begonnen.
Der 25-jährige US-Soldat Bradley Manning steht seit gestern wegen des grössten Geheimnisverrats in der amerikanischen Geschichte vor einem Militärgericht. In ihrem Eröffnungsplädoyer warf die Anklage Manning vor, mit der Weitergabe Hunderttausender Geheimdokumente an die Enthüllungsplattform Wikileaks wissentlich die Feinde Amerikas unterstützt zu haben. Für diesen schwerwiegendsten Vorwurf droht Manning eine lebenslange Haftstrafe. Sein Verteidiger erklärte, Mannig habe aus jugendlicher Naivität heraus gehandelt.
«Aber er hatte gute Absichten»
Manning war «jung, naiv, aber hatte gute Absichten», sagte Verteidiger David Coombs am Montag. Er habe nur solches Material weitergegeben, dessen Veröffentlichung die Welt seiner Meinung nach zu einem besseren Ort machen würde. Dazu gehörte nach Angaben von Coombs auch ein Video eines Hubschrauberangriffs im Jahr 2007, bei dem mehrere Zivilisten ums Leben kamen, unter ihnen auch ein Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters.
«Er glaubte, diese Informationen würden zeigen, wie wir das menschliche Leben einstufen. Das bereitete ihm Sorge. Er glaubte, dass die amerikanische Öffentlichkeit ebenso besorgt wäre, wenn sie es sehen würde.»
«Blutrausch»
Die Anklage warf Manning hingegen vor, die Feinde der USA unterstützt zu haben. «Dies, Euer Ehren, ist ein Fall eines Soldaten der systematisch Hunderttausende Dokumente aus geheimen Datenbanken gesammelt und diese Informationen dann ins Internet in die Hände des Feindes geworfen hat», sagte Ankläger Joe Morrow in seinem einstündigen Eröffnungsplädoyer. Er kündigte an, Beweise vorzulegen, wonach der inzwischen getötete Al-Qaida-Chef Osama bin Laden höchstpersönlich um Wikileaks-Informationen gebeten und diese auch bekommen habe. Bei Manning seien Arroganz und der Zugriff auf sensible Daten zusammengetroffen, sagte Morrow. Manning kam gekleidet in einer blauen Uniform und folgte den Ausführungen beider Seiten nahezu bewegungslos.
Manning war 2010 im Irak verhaftet worden. Seinen Unterstützern gilt er als politischer Gefangener – für andere ist er ein Verräter. Vor den Toren von Fort Meade, der US-Militärbasis, in der das Verfahren stattfindet, demonstrierten 20 Unterstützen des Soldaten im Regen für die Freilassung des 25-Jährigen.
Im Februar hatte Manning in einer Anhörung erklärt, er habe mit der Weitergabe der Informationen den «Blutrausch» der US-Streitkräfte und deren Missachtung menschlichen Lebens im Irak und in Afghanistan blossstellen wollen. Er glaube nicht, dass die Informationen den USA schadeten; er habe mit ihrer Veröffentlichung eine Debatte über die Rolle des Militärs und der Aussenpolitik anstossen wollen.
700'000 Kampfberichte weitergegeben
Nach amtlichen Angaben hat Manning mehr als 700'000 Kampfberichte aus Irak und Afghanistan sowie Diplomatendepeschen des Aussenministeriums an Wikileaks weitergegeben. Dies habe Leben gefährdet und die nationale Sicherheit bedroht, heisst es von der Anklage. Neben Unterstützung des Feindes werden Manning noch 20 weitere Vergehen zur Last gelegt. Zu weniger schwerwiegenden Anklagepunkten hat er sich bereits schuldig bekannt.
In dem Material, das Wikileaks ab 2010 veröffentlichte, waren unter anderem mutmassliche Misshandlungen irakischer Häftlinge sowie eine Aufzählung ziviler Todesopfer im Irak dokumentiert.
Da viele der Beweise, die in dem Verfahren von Bedeutung sind, als geheim eingestuft werden, dürfte der Prozess gegen Manning teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Das Verfahren vor einem Militärgericht in Fort Meade wird voraussichtlich den ganzen Sommer über dauern.
AP/bru
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