15 Jahre voller Höhen – und einigen Tiefen
Der Verkauf der Thunerseespiele an das Zürcher Freddy Burger Management ist eine bedeutsame Wegmarke für das Thuner Musicalunternehmen. Wir blicken zurück auf die bislang 15-jährige Geschichte des Open-Air-Events.
«Wer hätte gedacht, dass so etwas Gigantisches in Thun möglich wäre!» Der Satz stammt aus der Premierenbesprechung dieser Zeitung von «Evita», dem ersten Stück der Thunerseespiele im Jahr 2003.
Ende der 90er-Jahre war es, als Unternehmer Andreas Stucki und Theaterregisseur Ueli Bichsel nach einem gemeinsamen Besuch der Bregenzer Festspiele auf die Idee kamen, an den Gestaden des Thunersees etwas Vergleichbares auf die Beine zu stellen. Mit dem am Montag kommunizierten Verkauf der Seespiele an die Züricher Freddy-Burger-Management-Gruppe wird in der wechselvollen 15-jährigen Geschichte des Open-Air-Events das nächste Kapitel aufgeschlagen.
Steiler Aufstieg, aber auch Hochwasser und Lärmklagen
Den zwei Mitbegründern Stucki und Bichsel war es früh gelungen, nationale Sponsoren an sich zu binden. So lockte «Evita» bereits 53 000 Personen aus dem ganzen Land nach Thun. Alle 27 Vorstellungen im ersten Sommer waren ausverkauft; schon damals setzten die Macher auf die Erlebnispfeiler Musik, Natur und Gastronomie.
Das Ensemble bestand noch mehrheitlich aus Amateurdarstellern, lediglich die Hauptrollen wurden von professionellen Musicaldarstellern bekleidet. Die weitere Professionalisierung liess nicht lange auf sich warten: So wurde etwa schon 2004 der Thunerseespiele-Chor ins Leben gerufen. Die Zuschauerzahlen stiegen mit «Anatevka» (2004) und «Miss Saigon» (2005) rasant – auf 59 000 respektive 66 000.
Die ersten grösseren Herausforderungen ereilten die Seespiele im Sommer 2005. Da war zum einen das Jahrhunderthochwasser im August, das Teile der Bühne unter Wasser setzte und das Gelände mit Treibholz übersäte. Sieben Vorstellungen mussten um eine Woche verschoben werden. Zum anderen wurden die Musicalmacher mit Lärmklagen von Anwohnern aus dem Gwatt und aus Hünibach konfrontiert.
Der damalige Thuner Regierungsstatthalter Bernhard Wyttenbach liess Lärmmessungen durchführen. Wie sich dabei herausstellte, waren die Grenzwerte eingehalten worden. Da die Anwohner hartnäckig blieben, verschoben die Thunerseespiele zwischenzeitlich den Spielbeginn nach vorne und strichen die Pause.
Letztlich wurde eine maximale Anzahl Vorstellungen pro Sommer, die bis heute Bestand hat, vertraglich festgelegt. Der Fortbestand des Anlasses schien in der Folge – unter anderem wegen fehlender Einnahmen in der Gastronomie – gefährdet.
Bruch mit Ueli Bichsel –Abschied von Andreas Stucki
2006, kurz nach Ende der vierten Spielzeit, kam es zum Bruch zwischen Regisseur und Mitbegründer Ueli Bichsel und der Thunerseespiele AG. Die Trennung erfolgte «wegen unterschiedlicher Ansichten in der Ausrichtung» und «in gegenseitigem Einvernehmen», wie es damals hiess. Bichsel war auch Mitglied in der Geschäftsleitung der AG und Verwaltungsrat gewesen. Ab diesem Zeitpunkt engagierten die Thunerseespiele jeweils einen Gastregisseur für ihre Stücke.
Einen weiteren harten Schlag hatte das Seespiele-Team 2012 zu verkraften: Ende März zog sich Andreas Stucki wegen einer seit längerem bekannten schweren Krebserkrankung aus der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat zurück. Nur wenige Tage später erlag er seinem Leiden. Seine Nachfolge als Verwaltungsratspräsident trat ad interim Andreas W. Maurer an, die Geschäftsführung übernahm Ueli Schmocker.
Eigene Stücke, rote Zahlen und grosse Wertschöpfung
Mit den Jahren wagten sich die Musicalmacher vermehrt auch an die Umsetzung eigener Stoffe mit einer grossen Portion Swissness. So hauchten sie zum Beispiel – noch unter der Ägide von Stucki – «Dällebach Kari» (2010) oder «Gotthelf» (2011) neues Leben ein. Die bis heute erfolgreichste Inszenierung bleibt indes «Titanic» (2012) mit einem unerreichten Wert von 83 000 verkauften Tickets. In den letzten Jahren kämpften die Thunerseespiele immer mal wieder mit fehlenden Einnahmen: Insbesondere mit «Der Besuch der alten Dame» (2013) sowie «Romeo & Julia» (2015) gerieten sie in die roten Zahlen.
Beim jüngsten Musical «Cats» resultierte hingegen wieder ein Gewinn. Freddy Burger, der die Seespiele per 1. Januar 2019 von Produzentin und Verwaltungsratspräsidentin Elsbeth Jungi Stucki – der Witwe von Andreas Stucki – übernimmt, will den eingeschlagenen Weg weitergehen, mit seinem Know-how erweitern und dank seines Beziehungsnetzes in Zukunft «grosse und gute Produktionen nach Thun holen», wie er am Montag sagte.
Insgesamt haben rund 850 000 Besucherinnen und Besucher die bisher fünfzehn Produktionen der Thunerseespiele – darunter drei Eigenproduktionen – gesehen. Das Stück «Der Besuch der alten Dame» wurde nach der Erstaufführung am Thunersee in Wien und sogar in Japan gespielt. Gemäss Schätzungen bringt das Musical Jahr für Jahr eine Wertschöpfung von 20 Millionen Franken in die Region Thun.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch